Offener Brief: Klimaschutz braucht ein Budget
Offener Brief: „Klimaschutz braucht ein Budget“ an die Mitglieder des Erlanger Stadtrates
Liebe Mitglieder des Erlanger Stadtrates,
Sie haben am 27. Mai den Klimanotstand ausgerufen und damit anerkannt, dass die Stadt Erlangen große Anstrengungen unternehmen muss, um ihre Verpflichtungen bzgl. des 1.5°C Ziels von Paris zu erfüllen. Es bleibt wenig Zeit, um die Umstellung auf CO2-freie Techniken zu erreichen, bevor das CO2-Budget, welches wir noch haben, aufgebraucht ist. Die ersten Maßnahmen, die Sie am 25. Juli im Stadtrat beschlossen haben, sind nicht ausreichend – das haben die Fraktionssprecher bei der Diskussion zu diesen Maßnahmen alle betont. Was genau zu tun ist, soll ein Gutachten ergeben. Aber es gibt auch ohne Gutachten unstrittige Dinge, die aus unserer Sicht so schnell wie möglich angegangen werden müssen. Eins ist klar: Es wird nicht ohne Geld gehen, welches im Haushalt der Stadt bereitgestellt werden muss. Aus diesem Grund möchten wir Sie bitten, schon im Haushalt 2020 das Budget für Klimaschutzmaßnahmen deutlich zu erhöhen. Wir schätzen den Bedarf für eine – in alle Sektoren greifende – klimapolitische Wende auf jährlich zusätzlich zwischen 20 und 28 Millionen Euro ein. Diese zusätzlichen Mittel könnten beispielsweise durch eine Erhöhung der Gewerbesteuer bereitgestellt werden. Aus dem Budget können die unten genannten Fördermaßnahmen finanziert werden.
Warum wenden wir uns nun in diesem dringenden Brief an Sie? Wir möchten, dass unsere Stadt keine Zeit verliert und schon im Jahr 2020 die ersten Maßnahmen starten kann. Eine Diskussion erst im Laufe des Jahres 2020 im neuen im März zu wählenden Stadtrat würde bedeuten, dass ein weiteres Jahr verloren gehen würde.
Folgende Maßnahmen sind dringend notwendig:
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Stromwende. Seit über sechs Jahren ist der Ausbau der Photovoltaik in unserer Stadt auf ein viel zu niedriges Niveau von nur etwa 500 kW im Jahr zusammengebrochen. Innerhalb von 18 Monaten muss die Gesamtleistung aller städtischen Solaranlagen verdoppelt werden. Ein Förderprogramm für private und auf Firmendächern zu installierende Solaranlagen, wie es das z.B. in München gibt (200 Euro/kW Zuschuss), kann mit diesem Budget finanziert werden. Die Fördermaßnahme sollte stark beworben werden, damit möglichst viele Bürgerinnen und Bürger erkennen, dass sie hier einen von der Stadt gewollten Beitrag zur dezentralen Energiewende leisten können.
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Wärmewende. Um die seit Jahren sehr niedrigen Zahlen der Wohn- und Nichtwohngebäude, die energetisch saniert werden, zu verdoppeln, sollte das bestehende kommunale Förderprogramm attraktiver gemacht, die bereitzuhaltenden Mittel entsprechend erhöht und massiv beworben werden. Verkehrswende. Das Budget muss zudem für Maßnahmen zur Durchsetzung der Verkehrswende vor Ort dienen. Das Ziel sollte eine massive Stärkung des Umweltverbundes bestehend aus Fuß-/Radverkehr und Öffentlichen Personennahverkehr (ÖPNV) sein. Entsprechend müssen die finanziellen Mittel für die Reduktion der Tarife, Verbesserung der Streckenverbindungen des ÖPNV, Ausbau der Fuß-/Radverkehrsinfrastruktur flankiert durch zusätzliche Personalstellen für klimafreundliche Verkehrsplanung eingesetzt werden.
Die Förderung sollte von der Verwaltung aktiv begleitet werden und auch – z.B. in den Erlanger Nachrichten – werbend unterstützt werden. Sollte sich herausstellen, dass die Ziele nicht erreicht werden, ist dem Stadtrat zu berichten und es muss beraten werden, wie das Ziel erreicht werden kann.
Es sind zwei Dinge, die uns bewegen, an Sie alle zu appellieren, mit der Bereitstellung eines signifikanten Budgets für Klimaschutzmaßnahmen bereits jetzt in die Zukunft unserer Stadt zu investieren:
Wir sehen es als ein klares Warnsignal, dass ausgerechnet am 29. Juli, als der Stadtrat über das Maßnahmenpaket aus der Bürgerversammlung debattiert hat, der bisher heißeste Tag in Deutschland war, der seit Wetteraufzeichnung registriert wurde. Wir werden zunehmend höhere Temperaturen erleben als die gemessenen 42.6°C, wenn jetzt nicht gegengesteuert wird. Und zweitens wird ganz Bayern und seine Bevölkerung auf Erlangen schauen, was die erste bayerische Stadt, die den Klimanotstand ausgerufen hat, nun leistet. Erlangen hat nun eine besondere Verantwortung, sollte aber auch im Eigeninteresse mit mutigen Schritten vorangehen und andere Städte mitnehmen.
Abschließend:
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Die wissenschaftlichen Beweise, dass wir das Klima durch die CO2-Emissionen drastisch verändern, sind erdrückend.
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Die Konsequenzen, die sich einstellen, wenn das 1.5° Ziel verfehlt wird, wären dramatisch. Die letzten beiden Sonderberichte des IPCC sind ein Beleg hierfür.
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Die bisherigen Maßnahmen reichen bei weitem nicht, dieses Limit einzuhalten.
Bitte lassen Sie uns die Diskussionen darüber beenden, ob man das notwendige Handeln Erlangens als Beitrag zur Abwendung der drohenden Klimakatastrophe als Klimanotstand bezeichnen soll und ob Erlangen alleine etwas bewegen kann. Wir müssen bei diesem Thema parteiübergreifend und mutig die Versäumnisse der Vergangenheit in der noch verbleibenden Zeit ausgleichen. Wir dürfen die Warnungen der Wissenschaft nicht weiter ignorieren. Unterstützen Sie unseren Vorschlag, indem Sie diesen durch Anträge Ihrer Fraktionen in den Haushalt für das Jahr 2020 einbringen.
Mit freundlichen Grüßen,
Sebastian Hornschild und Karin Bildl
Vorstand der Klimaliste Erlangen
Erstunterzeichnerinnen und Erstunterzeichner:
Dr. Karim Abu-Omar — Martina Aschoff — Gerd Ballenberger — Sara Baumann — Norbert Birk — Joscha Brick — Harald Bußmann — Barbara Cunningham — Achim Degenhardt — Sven Eberhardt — Karlheinz Ermann — Sven Feilner — Benjamin Förtsch — Dieter Frank — Gisela Frank — Herbert Fuehr — Constanze Gerner — Johannes Gerner — Aaron Gimbel — Youri Gloux — Ulrike Graupner — Dr. Ralf Graupner — Waltraud Habelitz-Tkotz — Gerhard Hammer — Stefan Haubold — Klaus Helgert — Patrick Hofstetter — Dr. Martin Hoheisel — Heinz Horbaschek — Marga Hümmer — Prof. Dr. Martin Hundhausen — Mira Hundhausen — Kunibert Husung — Hannah Jäger — Lena Jäger — Lothar Jäger — Sabine Jäger — Prof. Dr. Johannes Jahn — Andreas Jenne — Manfred Kirscher — Gustav Kölling — Julia Krüger — Gerd Lambracht — Christian Lange — Dr. Christian Leuthold — Svenja Lorenzen — Philip Maiwald — Richard Malter — Dr. Horst Matz — Kirsten Münch — Constantin Nauk — Michael Osbeck — Jörn Paessler — Bernd Peetz — Prof. Dr. Christoph Pflaum — Nils Pickert — Maja Porschert — Liselotte Prechtl — Prof. Dr. Rudolf Rabenstein — Britta Reithmeier — Isabella Roßmann — Sven Roßmann — Christian Sauter — Dr. Michael Schöttler — Isabel Schuldes — Sandra Schumacher — Sylvia Schuster-Marotel — Valerie Schütz — Richard Schwank — Karola Siebert — Dr. Helmut Sperber — Alexander Tafel — Marlene Tafel — Nadine Céline Tiryaki-Zeeb — Wieland Uecker — Ute Weibler — Monika Weiß — Ambra Weiß — Gisela Wunderwald — Robert Zimmermann
Gerne können Sie den Offenen Brief ebenfalls namentlich unterstützen und unterzeichnen. Tragen Sie sich dazu gerne mit diesem Formular ein.